Wer auch mal ungewöhnliche Krimis abseits der breiten Masse, der Lokalkrimis, der humorigen Krimis und der skandinavischen Krimis lesen möchte, bekommt mit “Die Zeit, die bleibt” eine Geschichte, die nichts von den gewohnten Mustern und den üblichen Erwartungen erfüllt.
Ja, es gibt Waffen, Schüsse und Leichen. Aber ansonsten spielt sich fast alles dieses in München und Berlin angesiedelten Buches in den Köpfen der Protagonisten ab. Zwei sehr verschiedene Männer auf den so verschiedenen Städten, deren Schicksale auf krude Art verwoben scheinen.
Hier der Anwalt, geschieden, zwei Kinder, ruhig, zurückgezogen und sehr vernunftgeleitet. Dort der junge gebürtige Russe, der zwar physisch in Deutschland, psychisch aber an vielen anderen Orten lebt.
Ausgangspunkt ist ein Unfall mit Fahrerflucht, den der Anwalt Colver nur knapp überlebt. Fieberhaft sucht er nach dem Grund, warum er das Ziel sein sollte und ist dem Täter mal näher, mal ferner auf der Spur.
Die Geschichten der beiden Männer werden mit den Kapiteln abwechselnd erzählt und für beide scheint es eine gewisse “Zeit, die bleibt” zu geben. Und so wie die Handlung langsam, aber geradewegs zu jenem Punkt hin strebt, an dem die beiden Geschichten kollidieren, so strebt auch Thomas Palzers Stil immer einem gewissen Punkt zu. Knapp, zielstrebig, ohne viel unnötige Füllwörter und mit einer gewählten Sprache.
“Die Zeit, die bleibt” endet fast so unvermittelt wie es beginnt, als der Leser in das Leben dieser Charaktere geworfen wird und diese Leben wieder ruckartig verlässt. Es ist ein Streifschuss, ein Augenblick, eine kleine Zeitspanne nur, in der wir die Protagonisten kennenlernen.
Ein unkonventionelles Buch, das zeigt wie sehr wir Menschen von Umwelt und unserer Psyche bestimmt werden, welch große Effekte selbst kleinste Entscheidungen haben können.
Erstmals veröffentlicht am 01.08.2020.
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